BAG-Competition Karlsruhe, 24. und 25. April 2010

von Martin Kessler und Klaus Linhart

Vor zwanzig Jahren fand der erste BAG-Wettbewerb mit 17 Teilnehmern statt. Bekannt ist, dass das Ludwigshafener „Haus der Jugend“ in den ersten zehn Jahren der Austragungsort war, bevor die nächste Dekade im Karlsruher Bismarck-Gymnasium seine Fortsetzung fand. Weniger bekannt ist die Vorgeschichte der Veranstaltung.

Die grundlegende Idee war schlicht, das Format von Kopenhagen in Deutschland zu etablieren. Auf der „Copenhagen Winter Competition“ hatte Peter Brinckmann selbst nicht nur seine größten Erfolge erzielt, es war ihm auch ein persönliches Anliegen, seine Schützlinge auf entsprechende Wettbewerbe vorzubereiten. In einer mit Tresen ausgebauten Leichenhalle in Schaafheim bei Aschaffenburg fanden einige Treffen statt, bei denen wettbewerbsähnliche Situationen herbeigeführt wurden. Peter übernahm die Rolle des Jurors und erklärte, wie man sich in einer Competition zu verhalten habe. Aus dem Rechnungsblock eines Kellners fertigte Peter kleine Feedback-Sheets und wurde somit zum ersten deutschen Judge.
Der nachfolgende reguläre Wettbewerb wurde mit großen Erwartungen verbunden. Nicht nur ein hochkarätiger Judge sollte eingeflogen werden; sondern gewünscht war auch, dass das spielerische Niveau so hoch wie möglich liege. Zum Anreiz für eine Teilnahme schottischer Spieler wurden Preisgelder ausgeschrieben, die von erstaunlicher Höhe waren und die Spesen einer Reise abdecken sollten. Die ersten drei Preise im Piobaireachd summierten sich auf 1500 DM, die aus privaten Spenden – vorrangig von Peter selbst – stammten. Eine Ausschreibung in der „Piping Times“ informierte die Dudelsackwelt über das Vorhaben. Als Judge wurde Tom Speirs gewonnen, der 1980 mit der Gold Medal und 1983 mit der Clasp in Inverness ausgezeichnet worden war. Graham D. Waller, bis dahin schon langjähriger Lehrer auf der Sommerschule und somit Kenner der deutschen Szene, wurde ebenfalls eingeladen und sollte den Wettbewerb noch ca. 15 weitere Jahre als Preisrichter prägen. Der Sieger im ersten Piobaireachd-Wettbewerbs war William G. Brown, der diesen Erfolg noch dreimal wiederholen sollte (zuletzt 2002).
Zum zwanzigjährigen Jubiläum lag es nahe, nicht nur William G. Brown zu bitten, den Piobaireachd-Event zu judgen, sondern auch Tom Speirs und dessen Sohn Iain einzuladen, der mittlerweile selbst zur Weltspitze aufgestiegen ist. Alle waren sofort dazu bereit. Keiner rechnete jedoch mit einem Vulkanausbruch in Island. Wenige Tage vor dem Wettbewerb zeichnete sich ab, dass Tom und Iain nicht auf einer Aschewolke nach Deutschland reiten konnten. Als Phönix aus der Vulkanasche stieg Martin Keßler auf, und William G. Brown sagte zu, weit mehr Events zu bewerten, als ursprünglich vorgesehen.
Nicht nur für die Judges verlief das Wochenende jedoch erstaunlich entspannt. Auch die Organisatoren und zahlreiche Teilnehmer bemerkten, wie angenehm und gelöst die Atmosphäre war. Die Zahl der Teilnehmer lag bei etwa 40, die sich auf fünf Piping-Level und drei Drumming-Events verteilten. Nur wenige Einzeldisziplinen litten unter einer geringen Anzahl von Wettbewerbern. Die meisten hatten eine für alle Beteiligten gute Größe. Mit zwölf Spielern nahm knapp ein Drittel des Feldes am Piobaireachd teil, weitere sechs trugen einen Urlar vor. Fast die Hälfe der Wettbewerber hatte damit Bezüge zu Piobaireachd entwickelt. Die Feststellung wird berechtigt sein, dass der älteste BAG-Wettbewerb sein Zentrum darin findet. Dieses wird durch die gegenwärtige Lokalität unterstützt. Die Aula des Bismarck-Gymnasiums wird immer wieder von Judges und Teilnehmer für ihre besondere Akustik gelobt.
Eine Entwicklung der vergangen drei Jahre mag darin gesehen werden, dass die aufblühende Wettbewerbsvielfalt zu einer ansatzweisen Regionalisierung der Teilnehmerfelder führt. In Karlsruhe zeichnet eine bemerkenswerte Veränderung in zwei Richtungen ab. Zum einen nimmt die wachsende Schweizer Szene den Wettbewerb zunehmend wahr. Zum anderen stoßen immer wieder Spieler aus Skandinavien hinzu, denen der Weg nicht zu weit ist. Beide bereicherten den Wettbewerb auch in diesem Jahr. Den Overall-Preis gewann Gavin Hardie aus Finnland, Sohn eines Schotten und einer Finnin, der mit zwei ersten, einem zweiten und einem dritten Platz der überragende Spieler des Wochenende war. Craig Holmquist folgt ihm in der Gesamtbilanz. Der Mann mit dem skandinavischen Namen ist ein Neuseeländer, der seit einigen Jahren in Zürich wohnt. Ihm folgte ein weiterer Schweizer, Alex Gehrig, der sich während der letzten Jahren konstant verbessert hat. Stefan Wagner wurde in der Gesamtwertung auf dem vierten Platz geführt. Im Piobaireachd als der Königsdisziplin erlangte er einen souveränen Sieg mit „Battle of Auldearn No. 1“.
Keine geringe Leistung ist es freilich, sich in den darunter liegenden Wettbewerben durchzusetzen. Die Schweizer waren auch hier erfolgreich: Hans Brunner gewann den Slow Air der Beginner, Daniel Schütz zwei der Intermediate-Events. Eigens hevorzuheben ist die aus Dinkelsbühl stammende 10-jährige Lisa Pfützner, die einen soliden zweiten Platz im Beginners’ March erreichte. Konstant und erfolgreich war auf diesem Niveau auch Dirk-Boris Rödel. Andrea Heger gewann den dritten der Intermediate-Events, Jens Kapalczynski den Urlar. Traditionell schlecht angenommen wurde der Experienced-Level. Die überragende Spielerin bei Advanced war Susanne Klinger, die sich mit einem ersten und einem zweiten Platz für die Former Winners klar qualifiziert hat. Den zweiten Advanced-Event gewann Jürgen Rech.
Nicht nur mit diesem Wettbewerb beging die BAG dieses Jubiläum. Im Rahmen der Preisverleihung wurde bekannt gegeben, dass unlängst ein Solo-Board eingerichtet wurde, das die Gestaltung des Regelwerks künftig begleiten soll. Ansprechpartner sind Stefan Wagner, Christian Grammel, Martin Keßler und Andreas Joebges. Alle zusammen werden unter der Mailadresse solo-board@bagev.de erreicht. Anregungen, Verbesserungsvorschläge und Wünsche, die derzeit Berücksichtigung finden sollten, mögen bis zum 9. Mai an diese Adresse gerichtet werden.